Meist geht es schneller, als man denkt, dass man selbst oder ein Familienangehöriger eine Pflegestufe benötigt. In einem anderen Artikel haben Sie erfahren, wie man eine Pflegestufe beantragt. In diesem Artikel geht es darum, was Sie tun können, wenn Ihr Antrag auf eine Pflegestufe abgelehnt wurde.
Wann wird eine Pflegestufe abgelehnt?
Für die Beantragung von Pflegegeld muss vor der Entscheidung über die Bewilligung der Grad der Schwere der körperlichen und geistigen Einschränkungen festgestellt werden. Daraus ermittelt sich der erwartete Pflegeaufwand. Dafür wird der Antragsteller vor Ort von dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) besucht. Dieser erstellt ein Gutachten und schickt dieses an die Pflegekasse, die ihn beauftragt hat. Anhand dieses Gutachtens erteilt die Pflegekasse eine Einstufung in eine der vier existierenden Pflegestufen oder lehnt den Antrag vollständig ab. Hierbei ist ausschließlich der ermittelte zeitliche Pflegeaufwand für die Einstufung relevant. Die Pflegestufe wird also abgelehnt, wenn entweder die gesamte Pflege oder die Grundpflege weniger Zeit in Anspruch nehmen würden, als für eine Pflegestufe notwendig sind.
Warum wurde mir keine/eine zu niedrige Pflegestufe bewilligt?
Leider kommt es immer wieder vor, dass eine zu geringe Pflegestufe zugewiesen wurde oder der Antrag trotz hohem Pflegeaufwand abgelehnt wurde. Der häufigste Grund dessen besteht in einer ungenauen Erfassung des notwendigen Zeitaufwands. Meist werden für bestimmte Tätigkeiten, wie Waschen, Ankleiden oder Duschen der Einfachheit halber standardmäßige Zeitsätze zugeordnet. Diese können sich von dem real existierendem Zeitaufwand teilweise sehr stark unterscheiden. Besonders bei geistigen Erkrankungen, wie beispielsweise Demenz oder Alzheimer, kann es zu Fehleinschätzungen bezüglich der notwendigen Diskussionen im Vorfeld der Pflegetätigkeiten kommen. Aber auch Bewegungseinschränkungen aufgrund von Verletzungen, Schmerzen oder Übergewicht können zu einem Pflegeaufwand führen, der deutlich über den Standardsätzen liegt.
Pflegestufe abgelehnt – was nun?
Ist der Antrag erst einmal abgelehnt, muss schnell gehandelt werden! Sie haben lediglich vier Wochen Zeit, schriftlich einen Widerspruch einzulegen. Dieser muss zwingend an die Pflegekasse geschickt werden und darf nicht an den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) übersendet werden. Die einzige Aufgabe des MDK besteht in der Erstellung des Gutachtens. Ein beim MDK eingereichter Widerspruch wird in der Regel nicht an die Pflegekasse automatisch weitergeleitet. Dadurch verlieren Sie viel Zeit. Im schlimmsten Fall wird der Fehler erst nach den vier Wochen bemerkt, wenn das Recht auf den Widerspruch abgelaufen ist.
Widerspruch gegen das MDK-Gutachten
Bei dem Widerspruch ist zu beachten, dass er neben der Frist von vier Wochen zusätzlich die Unterschrift des Pflegebedürftigen benötigt. In dem Falle, dass der Pflegebedürftige dazu nicht in der Lage ist, genügt die Unterschrift des gesetzlichen Betreuers oder nach Ausstellung einer Vollmacht die Unterschrift des Bevollmächtigten. Bitten Sie in Ihrem Schreiben unbedingt um Einsicht in das vom MDK erstellte Gutachten. Die Kenntnis über den Grund der Ablehnung ist ein wichtiger Schritt für die Begründung des Widerspruchs.
Pflegestufe Widerspruch – die Begründung
Sie müssen Ihren Widerspruch fundiert begründen können. Wenn die täglich veranschlagte Zeit für einen oder mehrere Punkte des Gutachtens nicht korrekt sein sollte, empfiehlt es sich, eine gute und beweiskräftige Begründung für die Fehleinschätzung zu haben. Dafür können sie sich mit Ihrem Hausarzt verständigen. Dieser hat ausreichend Unterlagen, um einen durch körperliche Einschränkungen erhöhten Pflegebedarf medizinisch zu beweisen. Auch ein sauber und detailliert geführtes Pflegetagebuch aus der Zeit der Beantragung kann von der Pflegekasse als Begründung akzeptiert werden. Dieses muss jedoch vollständig und objektiv geführt worden sein. Die wichtigen Angaben sind hierbei die Art und die Länge der ausgeübten Tätigkeiten zur Pflege des Pflegebedürftigen.
Pflegestufe abgelehnt – wann neu beantragen?
Sollte die Pflegestufe dennoch abgelehnt bleiben oder sollten Sie die Frist von vier Wochen versäumt haben, besteht keinerlei Möglichkeit auf einen erneuten Einspruch gegen den ermittelten Pflegebedarf. Auch ein erneuter Antrag kann nicht gestellt werden. Die einzige Möglichkeit besteht in einem sogenannten Verschlechterungsantrag, der ausschließlich dann gestellt werden kann, wenn eine zusätzliche Verschlechterung des Zustands des Pflegebedürftigen eingetreten ist. Danach findet eine erneute Einstufung durch den MDK statt. Für einen Antrag auf Berücksichtigung der Verschlechterung des Gesundheitszustands müssen Sie jedoch nachweisen, dass wirklich eine Verschlechterung des Zustands eingetreten ist. Deshalb empfiehlt es sich, immer die Frist für den Widerspruch der Ablehnung einzuhalten.
Was tun, wenn die Pflegestufe abgelehnt wird?
Nach erfolgreichem Widerspruch überprüft der Erstgutachter anhand der übersendeten Unterlagen sein Gutachten und ändert eventuell seine Meinung über den Umfang des Pflegeaufwands ab. Sollte dies nicht der Fall sein, kommt es zu einem zweiten Besuch des MDK. Diesen muss zwingend ein Gutachter übernehmen, der nicht das erste Gutachten erstellt hat. Sollte das zweite Gutachten wieder zu einer Ablehnung oder zu einer zu niedrigen Einstufung führen, besteht die einzige Alternative in einer Klage vor dem Sozialgericht. Diese hat in der Regel gute Chancen auf einen Erfolg des Klagenden. Sollte die Klage jedoch ebenfalls abgelehnt werden, besteht der letzte Schritt in einem Antrag auf Pflegegeld bei der Sozialhilfe.